50% aller Straßen müssen in Bikeways umgewidmet werden.
Moderne Städte wurden für Autos gemacht.
Ältere Städte werden benutzt als wären sie für Autos gemacht worden, mit Ausnahme kleiner Fußgängerzonen, die in Einkaufspassagen umgewandelt wurden. Fahrräder haben nirgends Platz.
In den letzten Jahren wurden in einigen Städten Radwege eingeführt.
Das ist zwar ein guter Anfang, genügt aber noch lange nicht.
Was dieses Fahrrad Manifest verlangt, kann in einem Satz zusammengefasst werden:
50% aller Straßen in jeder Stadt sollen den Fahrrädern und elektrischen Fahrrädern vorbehalten sein. Diese Straßen sollen Bikeways genannt werden.
Nur Autobahnen und Fußgängerzonen sollen von dieser Regelung ausgenommen werden. Motorräder oder Roller ohne elektrischen Antrieb, die eine Geschwindigkeit von 32 km/h überschreiten (20 Meilen) dürfen nicht auf Bikeways fahren. Auch Fußgänger sind dort nicht erlaubt.
Mit dieser Regelung fragen oder bitten wir nicht um mehr Anerkennung und Respekt den Radfahrern gegenüber. Fußgänger müssen nicht länger Angst vor Radfahrern haben, wenn sie die Radwege betreten, die oftmals auf Kosten von Gehsteigen gebaut werden. Radwege gehören nicht neben den Gehsteig und sollen keine Straßen schmücken. Bikeways sind wie separate Straßenspuren zu behandeln und sind klar von Autospuren und Bürgersteigen zu trennen.
Das öffentliche Verkehrsmanagement muss sich darüber bewusst werden, dass Radfahrer und E-Bike-Fahrer eine wachsende Gruppe innerhalb der Bevölkerung sind, die nicht einfach als „gesetzlose schnelle Fußgänger“ oder „machtlose Autofahrer“ abgetan werden können.
Was sind die Vor- und die Nachteile dieser 50%-Regelung?
Die Einführung von Fußgängerzonen in den 1960-er und 1970-er Jahren in Nord-Europa erwies sich als schwierig. Die Leute waren zu sehr daran gewöhnt, zu jeder Zeit überall hin mit dem Auto zu fahren. Die Realität hinter diesen Fußgängerzonen ist, dass sich die verkehrsberuhigten Stadtteile zu Freiluft-Einkaufszentren entwickelten, daher rechtfertigte der wirtschaftliche Zuwachs die verkehrstechnischen Unannehmlichkeiten.
Diese Einkaufszentrum-Logik erklärt die Tatsache, dass es in amerikanischen Großstädten keine nennenswerten Fußgängerzonen gibt. Zur gleichen Zeit kamen in jeder deutschen, schweizerischen und österreichischen Stadt Fußgängerzonen auf. Der amerikanische Traum hingegen führte die Mittelschicht auf neu gebauten Autostraßen direkt in die Vorstädte und zu den Einkaufszentren ohne der Tatsache Bedeutung zu schenken, dass damit der Niedergang für die Innenstädte begann.
Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu stellen, was man gewinnen würde, wenn bereits bestehende Straßen mit Radfahrern geteilt werden würden? Ganz sicher würden die Leute deswegen nicht vermehrt einkaufen. Es würde vielleicht sogar zu weniger Konsum kommen, weil Radfahrer über keinen Kofferraum verfügen, den sie befüllen können. Aber der Gewinn wäre eine massive Verbesserung der Lebensqualität mit 50% weniger Luftverschmutzung, mit gesünderen, schlankeren und hoffentlich auch glücklicheren Menschen, die weniger unter Schlaganfällen, Herzinfarkten und krankhaftem Übergewicht leiden als Autofahrer.
Wenn Radfahren sicherer und effizienter gemacht werden würde, würden mehr Menschen Fahrrad fahren. Mehr Radfahrer auf sicheren Bikeways wiederum würden immer mehr Menschen anregen, auch Rad zu fahren wodurch sich die Wahrnehmung der Stadt verändert: Die Menschen würden entdecken, dass ihre Städte einfach mit dem Rad durchmessen werden können.
Elektrische Fahrräder – E-Bikes – sind in diesem Zusammenhang keine Alternative zu Fahrrädern sondern zu Autos. Der Autoverkehr würde sicherlich reduziert und das Transportmuster verändert werden. Sogar Konsum- und Koch-Gewohnheiten könnten sich wandeln, weil kleine Märkte mit frischen, regionalen Produkten wieder mehr Bedeutung erlangen würden, die die Menschen anregen, anders zu kochen. In fast allen Städten bewegen sich die Radfahrer heute genau so schnell oder sogar schneller als die Autos.
Wenn Bikeways Wirklichkeit werden, werden auch die Fahrzeiten für Autos reduziert, weil sich viele Menschen für Radfahren oder E-Bike fahren entscheiden würden. Mit einem E-Bike kann man klassisch Rad fahren und/oder elektrisch unterstützt Rad fahren, was wiederum Mobilität ohne jede Anstrengung bietet und sich so durchaus mit dem Komfort eines beheizten Autos vergleichen lässt.
Großzügige Bikeways wären nicht nur ein Ausweg aus der gegenwärtig überaus gefährlichen Radfahr-Realität sondern auch eine Einladung an die Menschen, das Fahrrad zu benutzen und das Auto stehen zu lassen.
All dies würde die Lebensqualität erhöhen, zu Verbesserungen der ökologischen Situation und zu dringend notwendigen Veränderungen in der Stadt-, Verkehrs- und Transportpolitik führen. Wir brauchen bessere Fahrradabstell-Möglichkeiten, nachhaltige Bike Sharing-Ideen, zum Beispiel ein kostengünstiges städtisches Fahrradverleih-Netzwerk.
Fahrrad und Dreirad-Verkehr kombiniert mit E-Bike Technologie kann derart effizient gemacht werden, dass sogar der Transport von sperrigen Dingen sowie diverse Servicedienstleistungen – wie etwa Taxis oder Kioskbetriebe etc. – via Fahrrad angeboten werden können, wie es bereits in China und in den Ländern der „neuen Märkte“ der Fall ist. Fahrräder sind nicht nur ein günstiges und ein umweltfreundliches Fortbewegungsmittel im städtischen Verkehr sondern sie produzieren auch keinen Lärm.
Wenn Bikeways eingeführt und die verfügbaren Straßen zwischen Rad- und Autofahrern geteilt werden würden, wäre es viel einfacher, in der Stadt Fahrrad zu fahren. Dies würde – dank eines kostengünstigen, viel gesünderen und umweltfreundlichen Transportmittels – eine höhere Lebensqualität gewährleisten. Wenn die Infrastruktur einmal zur Verfügung gestellt ist, wird ein massives Umdenken stattfinden und Menschen allen Alters und in jedweder körperlicher Verfassung werden auf Fahrräder oder E-Bikes umsteigen.
Rainer Ganahl, New York, Januar 2011
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English Version
Bicycle Manifesto – 50 percent Of All Streets Need To Be Converted Into Bikeways.
Modern cities were made for cars. Older cities are used as if made for cars, with the exception of small pedestrian zones turned into shopping malls. Nowhere is there space for bicycles.
In recent years, we have seen the introduction of bicycle lanes in certain cities. This is a good start but not enough by far.
What this Bicycle Manifesto demands can be summed up in one sentence: 50 percent of all streets in every city should be reserved for bicycles and electric bicycles. These special lanes should be called bikeways.
Only motorways and pedestrian zones should be exempt from this rule. Motorcycles or scooters that don’t run on batteries or exceed the speed of 32 km (20 miles) per hour may not drive on bikeways. Nor are pedestrians allowed.
With this rule, we don’t have to ask or beg for more courtesy and respect towards cyclists, and pedestrians don’t have to fear bicyclists when they step onto their bike lanes, often built at the expense of sidewalks. Bike lanes don’t belong on sidewalks and they shouldn’t ornate streets. Bikeways should be like separate street lanes that are clearly separated from car lanes and pedestrian walkways.
Traffic engineering theory has to acknowledge that cyclists (including e-cyclists) are a growing class of species that cannot simply be viewed as lawless fast pedestrians or powerless car drivers.
What are the pros and cons of such a 50 percent solution ?
The introduction of pedestrian zones in the 1960s and 1970s in northern Europe was not an easy imposition. People were too accustomed to driving wherever they wanted, at any time of day. But the reality behind pedestrian zones is that these traffic-calmed urban spaces became open air shopping malls, hence the economic gain justified the inconvenience to traffic.
This shopping mall logic explains why there aren’t any significant pedestrian areas in major American cities. Ppedestrian zones sprang up at the same time in nearly every German, Swiss and Austrian city, but the American dream channeled middle class people on newly built highways straight into the suburbs and the shopping malls, ignoring the fact that this triggered the decay of the inner cities.
Given this precedent, what would be gained if existing streets were to be shared with cyclists? For sure, there wouldn’t be more shopping than before. There might even be less consumption, since cyclists can’t fill up trunks and backseats. But the gain would be a massive improvement in the quality of life, with 50 percent less air pollution, healthier, slimmer and hopefully happier people who would suffer less from strokes, heart attacks and obesity than car drivers.
If cycling were made safer and more efficient, more people would ride their bikes. More cyclists on safe bikeways would in turn encourage others to ride, changing how the city is perceived: people would discover that their cities can easily be crossed by bike.
In this context electrical bikes -e-bikes -are not an alternative to bicycles, but an alternative to cars. Car traffic levels would certainly fall and the pattern of transportation would change. Even consumption and cooking habits might change, as small open air markets with fresh and locally produced products could have a renaissance and encourage people to cook differently. In most cities cyclists move as fast or even faster than cars do today.
If bikeways become a reality travel time will be reduced even for cars, since many people will opt for bicycling or e-cycling. The use of e-bikes offers pure biking and/or electrically-assisted cycling which guarantees effortless mobility that can compete with the comfort of heated cars.
Wide bikeways would not only be a solution to the currently most dangerous reality of cycling, but would encourage more people to use their bikes and leave their cars behind.
All this would lead to an improvement in the quality of life, to environmental gains, and to urgently needed changes in urban politics and urban transportation. We need better bike-parking facilities, effective bike sharing concepts, i. e. cheap rent-a-bike networks throughout the city.
Bicycle and tricycle traffic combined with e-bike technology can be made so effective that even the transport of bulky goods, as well as various products and services – taxis, kiosks, etc. – can be offered by bicycle, as is the case in China and in the developing economies. Bicycles are not only very economic and non-polluting modes of urban transportation, but are also very quiet.
If bikeways are implemented and all available streets are shared equally with cars, it would be much easier to cycle in the city. This would guarantee a higher quality of life, thanks to cheap, much healthier and environmentally friendly transportation. Once the infrastructure is in place, a massive rethink will take place and people of all ages and of all physical shapes will resort to bicycles or e-bicycles.
Rainer Ganahl , New York, January 2011